Der Werkluftschutz nahm in den Luftschutzprogrammen des Deutschen Reiches breiten Raum ein. Neben den üblichen Einrichtungen wie Werksfeuerwehr und Werkssanitätern wurde der Werksluftschutz vor allem in großen Betrieben zu einer straffen Organisation mit weitreichenden Aufgaben.
Die Baumassnahmen waren thematisch speziell, oft stark individuell und häufig sehr aufwändig. Was mit Luftschutzkellern begann, führte über Verdunklung, Splitterschutzbauten und Betriebseigene Bunker bis hin zu kompletten Betriebsverlagerungen in Stollen, Höhlen, Fabrikbunker und andere als sicher angesehene Orte.
In dieser Rubrik zeigen wir Beispiele solcher Baumaßnahmen. Häufig sind sie nach dem Krieg beseitigt worden oder liegen immer noch auf Firmengelände und können daher nicht besichtigt werden. So konnten einige Anlagen erst bei ihrem Abbruch dokumentiert werden.
Der folgende Text ist ein Auszug aus dem Aufsatz „Aufbau und Durchführung des Werkluftschutzes“ von Major a.D. von Düring, 1937.
„Grundsätzlich ist der Betriebsführer für die Luftschutzarbeiten seines Unternehmens verantwortlich. Ausführendes Organ im Werkluftschutz ist der Werkluftschutzleiter.
Nur als Vorgesetzte geeignete Werksangehörige in gehobener Stellung sind den sehr schwierigen Aufgaben dieser Stellung gewachsen.
Im Frieden liegt dem Werkluftschutzleiter im Einvernehmen mit dem Betriebsführer die keineswegs einfache Vorbereitung des Luftschutzes im Werk ob; im Ernstfalle hat er für den Betriebsführer die Durchführung der Abwehr zu leiten. Der Weiterbestand des Werkes kann von seinen Fähigkeiten abhängen.
Auch eine richtige Zusammenstellung des Unterführerstabes des Werkluftschutzleiters, insbesondere der technischen Sachverständigen und der Truppführer, ist von erheblicher Bedeutung.
Zum Luftschutz steht selbstverständlich die gesamte Gefolgschaft zur Verfügung.
Ihre Organisation, Ausbildung und Ausrüstung muß sicherstellen, daß jeder Schadensfall im Interesse schnellster Weiterführung der Fertigung mit allen dem Werk zur Verfügung stehenden Mitteln bekämpft werden kann.
In größeren Betrieben wird eine Dreiteilung der Belegschaft in Einsatz-, Bereitschafts- und Auffüllungsgruppe vorgenommen.
Die Einsatzgruppe steht zunächst, wenn erforderlich auch während des Angriffs, zur Schadensbekämpfung zur Verfügung. Die Bereitschaftsgruppe muß – wenn nötig – die Arbeit der Einsatzgruppe unterstützen, gegebenenfalls auch Ergänzungskräfte bei Ausfall von Truppmitgliedern der Einsatzgruppe stellen. Der Rest der Belegschaft bildet die sogenannte Auffüllungsgruppe.
In kleineren und kleinen Betrieben wird man, um stets über genügend Leute für den Werkluftschutz zu verfügen, notfalls die gesamte Belegschaft in die Einsatzgruppe nehmen müssen.
Besonderer Erwähnung bedarf ferner der Umstand, daß im Ernstfall Betriebe zu jeder Tages- und Nachtzeit ausreichend geschützt werden müssen; in der Ruhezeit sind daher Arbeitstrupps im Werk bereitzuhalten.
Im Einzelnen braucht dann der Werkluftschutzleiter einen gut ausgebildeten und ausreichend großen Stab, ebenso wie sein Stellvertreter, der von der Ausweichbefehlstelle aus die Abwehrmaßnahmen dann zu leiten hat, wenn der Werkluftschutzleiter ausfallen sollte.
Organ des Werkluftschutzleiters ist zunächst der Werksicherheitstrupp, der überall dort verwendet wird, wo die Ordnung im Werk gefährdet ist.
Gegen die in vielen Werken große Brandgefahr muß der Werkluftschutzleiter ferner über eine ausreichend starke Werkfeuerwehr verfügen, die Hauptsächlich zur Bekämpfung von Großbränden vorgesehen ist, während einfallende Brandbomben sofort beim Auftreffen von Brandwachen unschädlich zu machen sind.
Auch die Bekämpfung chemischer Kampfstoffe muß vorbereitet sein. Es ist daher stets nötig, im Werk über Gasspürer und Entgifter, deren Aufgabe aus der Bezeichnung sich ergibt, in ausreichender Zahl zu verfügen.
Gegen Zerstörungen an Gebäuden und Leitungen werden Wiederherstellungstrupps eingesetzt, die – soweit bauliche Maßnahmen nach Beendigung der Angriffshandlungen in Frage kommen – der Bereitschafts- oder sogar Auffüllungsgruppe entnommen werden können.
Von nicht zu unterschätzender, insbesondere auch psychologischer Bedeutung ist die Sicherstellung einer ausreichenden Fürsorge für verwundete und Kranke durch starke, gut ausgerüstete Werksanitätstrupps.
Häufig dürfen gewisse Maschinen im Werk während des Fliegeralarms nicht abgestellt werden; die zu diesem Zweck an den Arbeitsplätzen verbleibende Bedienung wird unter dem Begriff ‚Notbelegschaft‘ zusammengefaßt.
Eingehender Erwähnung bedarf ferner die richtige Durchführung der baulichen Luftschutzmaßnahmen.
Befehlsstellen für Werkluftschutzleiter und Stellvertreter sowie Schutzräume für die Gefolgschaft sind so zu verteilen, daß einmal die Bombenwirkung im Rahmen des Möglichen herabgesetzt, andererseits schnellste Wiederaufnahme der Fertigung sichergestellt wird.“
Pingback: 15 Jahre Forschungsgruppe Untertage | Forschungsgruppe Untertage e.V.