- Anbringen von Sprengbomben am Rumpf eines „Grossflugzeugs“. Der Begriff Bomber wurde erst nach dem 1. Weltkrieg im deutschen Sprachgebrauch üblich.
- Fesselballone, später auch Sperrballone genannt, wurden auf allen Seiten in steigender Zahl eingesetzt.
- Grossprojekt neuer Hauptbahnhof. Die Fertigstellung verzögerte sich kriegsbedingt um 3 Jahre. Angriffe auf die Baustelle sind nicht bekannt.
- Landesgewerbemuseum. Die Gebäudeschäden durch Luftangriffe hielten sich in Stuttgart noch in Grenzen.
- Stuttgart 1912. Schornsteine und Kirchtürme waren die höchsten Bauwerke und beherrschten die Skyline.
- Wilhelmsbau. Das Gebäude wurde 1909 fertiggestellt. Der Rotebühlplatz hiess noch bis nach dem 2. Weltkrieg Alter Postplatz. 1915 fielen hier Bomben.
- Johanneskirche mit Feuersee und umliegenden Gebäuden um 1905. Der 1. Angriff auf Stuttgart zog eine Spur vom Westen bis zum Kriegsberg.
- Stuttgart vor dem 1. Weltkrieg. Die Bahnanlagen sind deutlich erkennbar. Ebenso die Kavalleriekaserne, die dem Gleisvorfeld des neuen Bahnhofs weichen musste.
- Stuttgart Innenstadt vor dem 1. Weltkrieg. Zieht man eine Linie von der Augustenstrasse zur Kriegsbergstrasse liegen die Bombenwürfe des 1. Luftangriffs auf einer Geraden von West nach Ost.
Der Ausbruch des 1. Weltkriegs traf Stuttgart in einer Phase, in der sich die Innenstadt nach Nordosten erweiterte. Im Frühjahr 1914 wurden die Fundamentierungsarbeiten des Südflügels und des Bahnhofsturms des neuen Hauptbahnhofs begonnen. Am 1. Mai wurde der Neubau der Bahndirektion fertiggestellt. Im August wurden die Bauarbeiten am neuen Bahnhof wegen des Kriegsausbruchs für 2 Monate unterbrochen. Obwohl bis zum Frühjahr 1917 zum Teil mit Kriegsgefangenen am Bahnhof weitergebaut wurde, konnten die Termine zur Fertigstellung nicht eingehalten werden. Erst im Oktober 1922 konnte der erste Bauteil des Bahnhofs in Betrieb genommen werden.
Am 22. September 1915 gegen 8:15 h morgens erlebte Stuttgart den ersten Luftangriff seiner Geschichte. Obwohl die Stadt durch die Stationierung von Flugabwehrgeschützen bereits militärisch vorbereitet war, wurde sie von den vier angreifenden französischen Flugzeugen überrascht. Der Grund lag in der vorliegenden Anmeldung eines Überflugs eines deutschen Flugzeugs. So wurden die französischen Maschinen zunächst nicht als Gegner erkannt.
Die Bomben fielen in die Innenstadt und verursachten Gebäudeschäden am Alten Postplatz 6 (heute Rotebühlplatz), sowie an insgesamt acht weiteren Gebäuden in der Gymnasiumstraße, der Roten Straße (heute Theodor-Heuss-Straße), der Rotebühlstraße, der Augustenstraße, der Sophienstraße und der Kriegsbergstraße. Die Schäden lagen auf einer ungefähr von Westen nach Osten verlaufenden Achse zwischen Feuersee und Kriegsbergstraße.
Die Sirenen heulten erst bei den ersten Bombeneinschlägen auf. Bedingt durch den Irrtum hatte auch die Flak nur noch geringe Chancen die bereits abfliegenden Maschinen zu treffen, die letztlich unbeschädigt heimkehrten. Aus französischer Sicht war der Angriff somit ein voller Erfolg, der den Stuttgartern klarmachte, dass sie von diesem Krieg mehr mitbekommen würden als Zeitungsmeldungen und die Rationierung von Lebensmitteln.
Die Bilanz dieses Angriffs war für Stuttgart bitter. Zwei junge Mädchen, zwei Männer und drei Soldaten waren umgekommen. Die Anzahl der Todesopfer lag damit deutlich über dem Durchschnitt für 1915. In diesem Jahr waren bei 37 Luftangriffen auf deutsche Städte 111 Menschen umgekommen, also durchschnittlich 3 pro Angriff. Am 15. Juni waren allerdings in Karlsruhe bereits 30 Menschen einem Luftangriff um Opfer gefallen.
Das deutsche Flugzeug überflog Stuttgart mit einiger Verspätung gegen 9:30 h und wurde umgehend beschossen, jedoch nicht getroffen. Der Angriff rief scharfe Reaktionen und Rufe nach Rache hervor. Dabei waren Paris und London bereits seit September 1914 bereits von deutschenFlugzeugen und Luftschiffen angegriffen worden, was man auf deutscher Seite ausgiebig feierte. So bezeichnete die französische Presse den Angriff auf Stuttgart auch als Vergeltungsmaßnahme für deutsche Angriffe auf französische Städte.
Insgesamt wurde Stuttgart während des 1. Weltkriegs 10 mal von gegnerischen Flugzeugen angegriffen. 22 Menschen wurden von den Bomben getötet und 78 verletzt. Annähernd ein Drittel dieser Bombentoten war also dem ersten Angriff zuzuschreiben. Dennoch war Stuttgart kein bevorzugtes Ziel der Entente. Näher an der Grenze liegende Städte wie Karlsruhe und Freiburg oder das Ruhrgebiet waren erheblich stärker betroffen. Bei 1.154 Luftangriffen der Entente auf das deutsche Hinterland starben 729 Menschen und 1.754 wurden verletzt. England hatte durch deutsche Luftangriffe 1.414 Tote und 3.416 Verletzte zu beklagen.
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