Hohensteinschule

Am 28. Januar 1927 wurde zwischen den Städten Stuttgart und Zuffenhausen der sogenannte Exerzierplatzvertrag abgeschlossen. Er regelte die Zurverfügungstellung des Geländes zwischen Burgholzhof und Tapachtal an die Reichswehr, die dafür den bisherigen Exerzierplatz am Cannstatter Wasen für die Neckarkanalisierung freigab.

Der Vertrag wurde im Geist einer Annäherung der beiden Städte abgeschlossen, die in die Eingemeindung Zuffenhausens zum 1. April 1931 mündete. Zuvor war eine Vereinigung Zuffenhausens und Feuerbachs diskutiert, jedoch verworfen worden. Zu diesen Zeitpunkt war der Bau des neuen Sammelschulgebäudes im Hohenstein beschlossen und an den Architekten Paul Schmitthenner vergeben worden, das von 1927-30 errichtet wurde. Der für seine Zeit monumentale Schulneubau war zur Bauzeit das größte Schulgebäude in Württemberg. Der auf einem markanten hakenförmigen Grundriss mit zwei rechten Winkeln aufgebaute Gebäudekomplex gilt als Schmitthenners wichtigstes Schulbauwerk. Er beherbergte eine Volks-, eine Real- und eine Handelsschule.

Bau auf Pump

In Zuffenhausen hegte man die Hoffnung, dass die Baukosten nachträglich von der Stadt Stuttgart übernommen werden würden, wenn es zur Eingemeindung käme. Diese war inzwischen in der Bevölkerung Zuffenhausens mehrheitsfähig geworden, da der Zusammenschluss mit Feuerbach zunehmend unwahrscheinlich wurde und Zuffenhausen alleine aber als Stadt nicht überlebensfähig war. Im Herbst 1929 hatten die Zuffenhausener bei einer Volksabstimmung die Eingemeindung mit 95% der abgegeben Stimmen befürwortet. Die Wahlbeteiligung hatte bei Zwei Drittel der Wahlberechtigten gelegen. Tatsächlich kam die Stadt Stuttgart nach der Eingemeindung nachträglich für die Kosten des Schulneubaus auf.

Die Architektur der Schule verband zwar Tradition und Moderne. Doch sie war ein klares und wuchtiges Bekenntnis zur Geschossbauschule und damit auch eine Absage an die Pavillonschule, die das Neue Bauen favorisiert hatte. Schmitthenner trennte die beiden Schulhöfe durch den Mitteltrakt des hakenförmigen Grundrisses. Elemente wie die Freitreppe an der Turnhalle wirken wie die Vorwegnahme der NS-Architektur, in deren Dienst er sich ab 1933 stellte. Die genormten Konstruktionselemente und die rasterartige Fensterreihung der Klassentrakte entsprachen durchaus dem Zeitgeist der 1920er und 1930er Jahre. Sowohl bei gewerblichen Verwaltungsgebäuden als auch bei innerstädtischen Wohnblocks aus dieser Zeit lassen sich Ähnlichkeiten finden. Während allerdings viele zeitgenössische Industriebauten ein Flachdach aufweisen, setzte Schmitthenner auf die Schulgebäude ein flaches Walmdach.

Für die Stadt Stuttgart repräsentierte der Schulbau auch den Umbruch zur modernen Großstadt, der sich vor allem in der Innenstadt mit dem Tagblattturm, den Kaufhäusern Breuninger, Schocken und Union, der Oberpostdirektion oder etwa dem Hotel Graf Zeppelin manifestierte.

Horst-Wessel-Schule

Am 19. April 1933 wurde die Schule in „Horst-Wessel-Schule“ umbenannt. Der geräumige Gebäudekomplex weckte allerdings nicht nur propagandistische Begehrlichkeiten. 1936 wurde in einem Teil des Untergeschosses eine von zwei Luftschutzrettungsstellen für Zuffenhausen eingerichtet. Die andere wurde in den Keller der Rosenschule in der Markgröninger Straße eingebaut.

Zur Verstärkung der Wände im Bereich der Luftschutzräume wurden die Mauern des Gebäudes von außen vorbetoniert. Diese Verstärkungen sind bis heute erhalten.

Während die Mai-Angriffe 1942 der RAF auf Stuttgart von britischer Seite als fast vollständige Fehlschläge eingestuft wurden, stellte sich die Situation in Zuffenhausen deutlich anders dar. Zwar erreichten nur 34 der 120 eingesetzten Bomber die Stadt Stuttgart, doch von den durch diesen Angriff im Stadtgebiet verursachten Schäden in Höhe von rund 1,5 Mio. Reichsmark hatte Zuffenhausen rund 90% zu tragen. In der Horst-Wessel-Schule wurde am folgenden Tag eine Notunterkunft und eine Notdienststelle für die Betreuung der 32 obdachlos gewordenen Familien aus Zuffenhausen eingerichtet.

Ab Herbst 1943 wurde die Schulevakuierung beschleunigt. Diejenigen Schüler der Horst-Wessel-Schule, die noch zu jung für den Kriegseinsatz waren, wurden nach Aalen und Esslingen umquartiert. Die Schule wurde nun für diverse andere Zwecke herangezogen.

Obwohl der Gebäudekomplex in den letzten eineinhalb Kriegsjahren durch Bombentreffer erheblich beschädigt wurde, wurden Teile der Schule von der Firma Haushahn genutzt, außerdem war das NS-Kraftfahrerkorps und der Reichsmütterdienst, sowie eine Baukompanie dort untergebracht, die vor allem Instandsetzungsarbeiten nach Luftangriffen verrichtete. Zu dieser Baukompanie gehörten auch 280 Russen, die in einer Aufstellung des Personalamts der Stadt Stuttgart vom 23. Mai 1944 als Kriegsgefangene im Städtischen Einsatz (TWS und Tiefbauamt) geführt werden. Auch die NSDAP-Ortsgruppe Hohenstein nutzte Teile der Räumlichkeiten. In einem Bericht eines in Zuffenhausen eingesetzten Flakhelfers wird die Schule als der Ort erwähnt, wo die Flakhelfer Ausrüstung und Verpflegung erhielten. Es ist davon auszugehen, dass dies durch die Ortsgruppe geschah.

Nach dem Krieg

Nach dem Krieg erhielt die Hohenstein-Schule ihren ursprünglichen Namen zurück. 2003 wurde schließlich doch noch ein Pavillon gebaut, um die Grundschule darin unterzubringen, während der Schmitthenner-Komplex die Werkrealschule (Hohensteinschule) und die gewerbliche Schule (Robert-Bosch-Schule) beherbergt.

Der Schulhauskomplex ist denkmalgeschützt und wird in der Broschüre „Schule als Denkmal“ des Landesdenkmalamts von 2014 als exemplarisch für den Schulhausbau um 1930 beschrieben.

An der Sachsenstraße, gegenüber dem Schulkomplex befand sich noch zu Beginn dieses Jahrtausends ein kleines, garagenähnliches Gebäude. Es beherbergte den Eingang zum Luftschutzstollen der Firma Edel, der unter dem Werksgelände lag. Eingangsbauwerk und Stollen wurden für den Erweiterungsbau der Robert-Bosch-Schule beseitigt. Der Stollen hatte keine Verbindung zur Schule besessen.