Die V.G.D. 559 im Bottwartal und bei Hochdorf im April 1945

Auszüge aus dem Kriegstagebuch von Hans P. über seinen Einsatz im Großraum Stuttgart und die Auflösung der V.G.D. 559 beim Rückzug ins Allgäu.

Hans P. diente in der 1. Kompanie Nachrichtenabteilung 1559 der Volksgrenadierdivision 559, die bis 21. Februar im Raum Bitche kämpfte.

Nach Einsätzen im Raum Saarbrücken, Kaiserslautern und der Pfalz sammelte sich die Division am 22.03. bei Mannheim neu. Die Kompanie lag bei Viernheim, als am 26. März der amerikanische Vorstoß über den Rhein mit der Unterstützung von Schwimmpanzern erfolgte.

Die Kompanie erhielt den Befehl zum Rückzug und erreichte nach einem Nachtmarsch von 60 – 65 km am folgenden Tag Aglasterhausen, 18 km westlich von Obrigheim. Von dort aus ging es am 29.03. weiter nach Hasselbach, und am 31.03. nach Massenbach bei Schwaigern. In der Nacht vom 01. auf 02. April verlegte die Kompanie nach Nassach bei Spiegelberg und lag nun östlich der Neckar-Enz-Stellung. Auch dort blieb die Kompanie nicht lange. Sie traf am 04.04. in Bürg ein, wo sie bis 09.04. blieb. An diesem Tag erhielt sie den Befehl zum Marsch nach Beilstein. Der Weg führte über Winnenden, Affalterbach, Steinheim, Klein- und Großbottwar bis Winzerhausen.

Am 14.04. erhielt die Kompanie den Befehl zum Marsch nach Kleinbottwar und anschließend nach Großbottwar.

„In der Nacht wurde Großbottwar von Artillerie beschossen. Um 6:00 Uhr raus, das permanente Gestänge war gestört. Die Leitungen hingen in Fetzen herunter. Um 10:00 Uhr war die Sache notdürftig mit Hilfe von anderen Störungssuchern behoben. Um 17:00 Uhr ging dann, einem neuen Befehl zufolge, der Marsch nach Kleinbottwar zurück.“

„18.04., Um 01:00 Uhr kam ein Melder mit dem Befehl, um 03:00 Uhr Abmarsch. Um 07:00 Uhr erreichten wir Kirchberg [Murr]. Dort wurden gleich Leitungen gebaut. Als die fertig waren, konnt wir gleich wieder abbauen. Der ‚Ami‘ drückte immer stärker. Nachmittags ging der Marsch weiter. Um 19:00 Uhr waren wir in Erbstetten.

19.04. Im Wald bei Thomashardt.

20.04. Reichenbach [Fils]

21.04. Hinter Reichenbach gerieten wir in einen Feuerüberfall amerikanischer Artillerie. Der ‚Ami‘ beschoß die ganze Gegend um Hochdorf. Denn der feindliche Artillerie-Aufklärer hatte das Feuer auf unsere und andere ziehende Kolonnen gelenkt. Als wir den Ortseingang von Hochdorf erreichten, wurden wir von ganzen Salven von Granaten fast eingedeckt. Es gab Tote und Verwundete.

Von Hochdorf gings nach Wernau. Der Marsch sollte weitergehen, aber inzwischen waren uns sämtliche Ausfallstraßen abgeschnitten. Dann kamen die ersten feindlichen Granaten. Alles ging in Deckung. Das Feuer wurde stärker. Am Abend waren die Höhen rings um das Dorf von feindlichen Panzern besetzt. Wir waren im Kessel. Am Dorfrand knatterten MGs. Panzerkanonen waren zu hören, die Lage erschien aussichtslos. Wir hatten die Absicht, uns vereinzelt durchzuschlagen. Doch infolge der Finsternis und des dauernden Beschusses, zudem in völlig unbekanntem Gelände, gaben wir diesen Plan auf. Vielleicht wären wir dann irgendwo hilflos liegen geblieben, verwundet, oder wir wären dem Gegner in die Hände gefallen.

Wir rechneten damit, dass wir am Morgen des nächsten Tages in Gefangenschaft kommen würden. So legten wir Waffen, Munition u.s.w. auf unser Fahrzeug und legten uns zu Zivilisten in einen Keller. Wir haben die Nacht gut geschlafen, kein Wunder nach den Anstrengungen und Aufregungen des Vortages. Als wir erwachten, war völlige Ruhe. Das Dorf lag wie im Frieden. Nirgends etwas zu sehen. Am Straßenrand stand verlassen eine 8,8 cm Flak, auf direkten Beschuss ausgerichtet, Munition daneben.

Dann kam irgendwoher die Meldung, der Ring ist in einer Breite von 15 km auf, der ‚Ami‘ zurückgedrängt. So zogen wir unser Fahrzeug raus und auf und davon.
2 km hinter Wernau nach Nürtingen zu trafen wir einige unserer Fahrzeuge. Plötzlich rast ein Melder daher: ‚Panzer kommen 2-3 km hinter uns‘. Wieder ging ein Hasten und Jagen los. Endlich erreichten wir dann Nürtingen.

22.4. Nürtingen. Weiter ging der Marsch.

23.4. Frickenhausen, Neuffen, Böhringen. Wir sollten nach Urach, doch dort war der ‚Ami‘ vor uns. So kamen wir nach Münsingen. Auch dort gab es keine Ruhe. Wir versuchten dort bei einem Verpflegungslager etwas Verpflegung zu fassen. Ohne Erfolg. Wir hatten nur noch etwas Fett in Konserven. Kein Brot. So baten wir die Leute um Brot und Kartoffeln, damit wir etwas zu essen hatten. Daran waren wir ja schon gewöhnt, von der Zivilbevölkerung unterstützt zu werden, denn wir selbst hatten selten mal etwas, zum Schluss gar nichts mehr.

Am Abend noch mussten wir Münsingen verlassen.

24.04. Die Nacht waren wir marschiert. Am Tage erreichten wir Zwiefalten, um 06:30 Uhr. Wir wollten über die Donau, doch gaben wir den Plan auf, weil wir dies am Tage wegen der Jabos nicht wagen durften. Um 10:00 Uhr Alarm. Sofort fertigmachen. Es geht nach Hayingen. Dort sollte alles zur Verteidigung gesammelt werden. Zusammen mit Teilen von 2 anderen Divisionen. Denen sollten wir uns anschließen, auf unserem Weitermarsch. Das war der letzte Befehl von unserer Division. Set diesem Zeitpunkt haben wir nichts mehr von derselben gehört.“

Die Kompanie schlug sich in den folgenden Tagen über das Allgäu bis an die österreichische Grenze bei Füssen (30.04.) durch, wobei sich der Verband immer mehr auflöste. Bei Schwarzenberg wurden die Pferde in Freiheit entlassen und die Soldaten setzten den Marsch zu Fuß und nur mit dem nötigsten Gepäck fort. In der folgenden Nacht verlor Hans P. den Anschluss an die Kameraden. Nach mehreren Tagen im Grenzgebiet begab er sich in Gefangenschaft.

Zum Weiterlesen:
Kampf um Bietigheim
Die Rettung Oberlenningens und Kämpfe am Albaufstieg