Schreiberstrasse

Der Bunker in der Schreiberstrasse 44 ist zumeist nur den Anwohnern bekannt. Er liegt inmitten des Wohngebiets und ist von der Straßenseite durch einen Vorbau verdeckt. Selbst auf Google ist das Bauwerk nicht erkennbar, da es ein ziegelgedecktes Walmdach hat.

Der Hochbunker ist eine Sonderkonstruktion, die genau in die örtlichen Gegebenheiten eingepasst wurde. Da das Grundstück quer zum Hang liegt, ist die schmale Seite mit dem Eingang zur Straße hin angeordnet. Wer den Bunker betritt muss zunächst Treppen hinabsteigen um überhaupt ins Treppenhaus zu gelangen. So entsteht für den Besucher der Eindruck, unter der Erde zu sein. Nur die Anwohner der Dornhaldenstrasse, deren Wohnungen Fenster in den Hof des Wohnblocks aufweisen, und die unmittelbaren Nachbarn in der Schreiberstrasse unterhalb haben die wuchtige Betonfassade im Blickfeld, die die Gärtchen im Innenhof begrenzt. Von diesem Standpunkt aus ist zu sehen, dass der Bunker weitgehend oberirdisch angeordnet ist. Nur das unterste Stockwerk liegt unter der Erde.

In der ersten Liste der zu realisierenden Luftschutzbunker vom November 1940 ist dieser Bunker nicht enthalten. Allerdings ist er offenbar bald nachträglich beauftragt worden. Die Fertigstellung war 1941.

Das Bauwerk hat eine Grundfläche von 336 qm und war für 1.100 Menschen aus der unmittelbaren Nachbarschaft vorgesehen.

Von einem quer zur Schreiberstrasse angeordneten Treppenhaus gelangt man in die drei Stockwerke, die aus je einem Längsgang bestehen, der die beidseitig angeordneten Räume verbindet. Waschräume und Toiletten befinden sich etwa in der Mitte des Flurs. Die Bunkertechnik befindet sich im untersten Stockwerk.

Nach dem Krieg diente der Bunker als Männerwohnheim. 1946 lebten dort fast ausschließlich ehemalige Soldaten aus dem gesamten ehemaligen Reichsgebiet. Dem Reporter der Stuttgarter Zeitung gegenüber, der im Mai des Jahres die Verhältnisse vor Ort recherchierte, zeigten sie sich weitgehend zufrieden. In den kleinen 2,9 x 2,04 m großen Räumen hatten sie ein Bett, Tisch und Stuhl, im Flur hatte jeder einen eigenen Spind.

Betrieben wurde das Wohnheim vom Caritas-Verband. Trotz der recht hohen Zufriedenheit der Bewohner war der Stadtverwaltung natürlich klar, dass die Wohnheimlösung nur befristet sein konnte. Doch angesichts des akuten Wohnraummangels dauerte manche Zwischenlösung länger als geplant.

Eine durchgängige Nutzung gab es für den Bunker in den folgenden Jahrzehnten nicht. Er wurde teilweise als Lagerraum und teilweise als Proberaum an Musiker vermietet. Diese Mischnutzung besteht noch heute. Im Vorbau, der den Bunker von der Schreiberstrasse her verdeckt, hatte lange Zeit ein Gemüsehändler sein Ladengeschäft. Seit der Geschäftsaufgabe fanden sich zwar auch schon andere Mieter, aber keiner hatte das Ziegelbauwerk wieder einer dauerhaften Neunutzung zuführen können.

Eine Antwort zu Schreiberstrasse

  1. Pingback: Kulturbunker | Forschungsgruppe Untertage e.V.

Kommentare sind geschlossen.