Rottweil – Pulverfabrik

Nach dem 1. Weltkrieg wurden die pulverrelevanten Anlagen der Pulverfabrik Rottweil demontiert, das Werk stellte auf zivile Produkte um: Kunstseide, Lacke, Filme und Zelluloid. Auch der Name des Unternehmens wurde geändert. Es firmierte fortan als „Köln-Rottweil AG“.

1926 fusionierte die „Köln-Rottweil AG“ mit der IG Farben. Bereits 1933 wurde in Rottweil wieder Pulver produziert. Mit der geänderten politischen Situation ging auch eine erneute Expansion des Werkes einher, die zur Erweiterung zahlreicher Gebäude und zu Neubauten führte. Das Werk Rottweil produzierte nicht nur Pulver sondern unter anderem auch weiterhin Kunstseide,  die für die Fallschirmproduktion von essentieller Bedeutung war.
Zu den imposantesten Neubauten nach 1933 gehört die 1938 errichtete Spulerei für die Kunstseide-Produktion.  Um im bereits stark bebauten Neckartal ein solches Vorhaben realisieren zu können, wurde die Unfallstation abgerissen, die 1917 aus einen 1906 errichteten Büro entstanden war.

Der Neubau hat ein Grundfläche von fast 1.500 Quadratmetern und durch die leichte Hanglage zwei volle und ein halbes Geschoß. Neben dem halben Geschoß wurde hangseitig ein Werkluftschutzbunker errichtet, der in 8 Räume für je 50 Personen gegliedert ist. Hinzu kommt noch Räume für eine Sanitätsstation. Die Räume sind alle als längliche Betongewölbe ausgeführt, deren Zugänge an den jeweiligen Enden liegen. Sie sind dadurch Stollen ähnlicher als Kellerräumen. Dieses Konstruktionsmerkmal ist aber bereits auf dem Baugesuch von 1937 zu sehen. Die Konstruktion als längliche Gewölberäume wurde aus Gründen der Stabilität gewählt.

Bei älteren Gebäuden, die ein Kellergeschoß aufwiesen wurden ab Mitte der 1930er Jahre Kellerräume zu Luftschutzkellern ausgebaut, so etwa beim Chemischen Laboratorium aus dem Jahr 1911.

1940/41 wurde im östlichen Hang des Talkessels ein 121 m langer Stollen mit drei Zugängen quer zum Hang errichtet. Das Baugesuch stammte bereits aus dem Jahr 1938 und sah eine Erweiterung vor, die als „projektiert“ eingezeichnet ist. Diese wurde aber offenbar nicht mehr realisiert.

Bedingt durch die versteckte Lage und ein häufige Nebelbildung im Neckartal blieb das Werk von Luftangriffen fast völlig verschont. Es ist lediglich ein einziger Bombenschaden bekannt. Am 17. Januar 1942 kam es jedoch im südöstlichen Bereich der Fabrik zu einer verheerenden Explosion. Beim Einfüllen in Silos hatte sich Pulver entzündet. Die Kettenreaktion richtete vor allem an den Gebäuden der Kunstseidenproduktion erhebliche Zerstörungen an und riss 17 Menschen in den Tod.

Bis 1994 wurden in Rottweil Kunstfasern produziert. Dann wurde das Werk endgültig geschlossen. In den Gebäuden ist heute ein Gewerbepark untergebracht.