Böblingen – Flugplatz

Die Geschichte des Böblinger Flughafens geht auf den Beginn des 1. Weltkriegs zurück. Die Städte Böblingen und Sindelfingen verdanken ihm einen wirtschaftlichen Aufschwung, der noch heute anhält. Zu Beginn des Krieges gab es in Württemberg keinen richtigen Flugplatz. Mit dem Exerzierplatz auf dem Cannstatter Wasen verfügte die Stadt Stuttgart zwar über ein Gelände, das als Behelfslandebahn geeignete war, aber für eine veritablen Flugplatz war das Areal zu klein.

Flughafenbau

Anfang 1915 waren sich die Militärs darin einig, dass der neue Flughafen nahe Stuttgarts liegen müsse, da hier das Generalkommando seinen Sitz hatte. Nachdem Ludwigsburg (Langes Feld, als „Kornkammer“ nicht requirierbar) und Fellbach (zu hohe Grundstückskosten) ausgeschieden waren, konzentrierte man sich auf Böblingen. Nach einer Besichtigung durch den Württembergischen Kriegsminister General von Marchtaler am 27. Mai 1915 wurde der Grund für 0,40 M / qm erworben. Da auch die Stadt Sindelfingen Gelände abtreten musste, versprach man ihr finanzielle oder wirtschaftliche Kompensation. Diese erfolgte im Juli 1915 mit der Zusage der Daimler-Motorengesellschaft Untertürkheim, in Sindelfingen ein Motorenwerk zu errichten. Es war der Startschuss zum Daimler-Werk Sindelfingen.

Im Juli 1915 traf ein erstes Baukommando aus 80 Soldaten und Handwerkern aus Ulm in Böblingen ein und Begann mit der Errichtung der ersten Baracken. Das Arbeitskommando wurde bald um 400 Mann verstärkt. Bei den Bauarbeiten kamen auch Französische und Englische Kriegsgefangene zum Einsatz. Bereits am 16. August wurde der Flugplatz eingeweiht und die ersten Flugzeuge wurden in Böblingen stationiert. Waren sie zunächst in Zelten untergestellt worden, so erfolgte schon bald der Bau von festen Hallen. Böblingen war Garnisonsstadt geworden.

Erweiterung und Wachstum

Zunächst wurden in Böblingen Flugzeuge eingeflogen. Ab 1. Januar 1916 wurde der Flugschulbetrieb aufgenommen. Im Laufe des Jahres erfolgten Erweiterungen zur Instandsetzung von aus dem Feld zurückkommenden Flugzeugen. Im Sommer 1917 umfasste die Fliegerersatzabteilung (Fea) 10 in Böblingen rund 2.300 Mann, die in Baracken, aber auch überall in der Stadt einquartiert waren. Mehrere Fabriken waren in Behelfskasernen verwandelt worden. Bis Juni 1918 war die Garnison auf 3.562 Mann angestiegen. Die in Böblingen ausgebildeten Flieger wurden in der Regel bei Metz, Colmar oder auch Cambrai eingesetzt. Bei Abstürzen während der Ausbildung kamen während des 1. Weltkriegs mindestens 58 Menschen ums Leben.

Weimarer Republik

Nach dem 1. Weltkrieg wurde der Flugplatz zunächst von einem Soldatenrat beherrscht, neben dem aber auch eine „Freiwillige Fliegerabteilung“ entstand, die in ständiger Rivalität zum Soldatenrat lebte und 1923 an der Niederschlagung der Räteregierung in München mitwirkte. Der Flugplatz selbst wurde infolge des Versailler Vertrags zurückgebaut. Die Hallen wurden gesprengt, das Flugfeld landwirtschaftlich genutzt.

Mit der auch in Europa an Bedeutung gewinnenden zivilen Luftfahrt wurde diese auch allmählich in Deutschland erlaubt. Anfang 1921 erfolgte eine Untersuchung, ob Stuttgart Bedarf an einen eigenen Flugplatz habe und ob dieser auf dem Cannstatter Wasen oder in Böblingen angesiedelt werden sollte. Die Entscheidung fiel Anfang 1922 zugunsten Böblingens. 1924 entstand in Böblingen außerdem die „Erste Württembergische Fliegerschule“ für Sportflieger. Im Oktober 1925 fiel der Beschluss zum Bau des neuen Empfangsgebäudes.  Im Dezember 1926 gründete Hanns Klemm sein Unternehmen für Leichtflugzeugbau in Böblingen. Inzwischen hatte sich der Standort als „Landesflughafen“ für die zivile Luftfahrt etabliert.

1933 – 1942

Schon im ersten Aufstellungsprogramm des Reichsverkehrsministeriums vom 16.03.1933 war Böblingen für eine Aufklärungsstaffel vorgesehen. Später wurde die Planung geändert und Böblingen sollte ein Jagdgeschwader bekommen. Parallel liefen die Planungen für die neuen Panzerkasernen an, die ab 1936 gebaut wurden. Bereits im September 1933 wurde im Württembergischen Wirtschaftsministerium darüber diskutiert, dass der Flughafen Böblingen auf weitere Sicht vom Reich beansprucht werden würde, und somit Stuttgart einen neuen Standort für den Zivilflughafen brauche. Als Folge begann im Frühjahr 1937 der Bau des Flughafens Echterdingen. Die Bauarbeiten für den Fliegerhorst Böblingen begannen etwa zeitgleich. Ab Herbst 1938 teilten sich Militär und zivile Luftfahrt den Flughafen, bis letztere mit dem Kriegsbeginn den Fliegerhorst räumen musste.

Neben den Jagdfliegern war in Böblingen auch eine Baukompanie untergebracht und ab Oktober 1940 das 1. Luftwaffenbauregiment /VII. Die Böblinger Jagdverbände wurden im August 1939 verlegt. Ein Teil nach Bonn-Hangelar zum „Grenzschutz“ am Westwall, ein anderer Teil nach Oberschlesien, von wo aus die Flugzeuge im Polenfeldzug eingesetzt waren. Die Jäger bei Bonn nahmen am Frankreichfeldzug Teil und wurden später nach Zerbst und Jever verlegt. In Böblingen wurden stattdessen Nachtjäger stationiert, die im Juni 1940 an die Kanalküste verlegten. Außerdem wurde der Schulbetrieb wieder aufgenommen. 1941/42 schulten in Böblingen u.a. Stuka, die ihre Abwurfziele in einem Steinbruch aufstellten.

Das Flughafenbereichskommando Böblingen hatte auch einige Zeit die Verantwortung für die Schein- und Nebelanlagen des Luftgaukommandos VII, das von Stuttgart nach München verlegt worden war. Die Scheinanlagen, wie z.B. jene bei Lauffen, waren vor allem in den Jahren 1940 – 42 durchaus erfolgreich und konnten einige britische Bombenangriffe auf sich ziehen.

1942 bis Kriegsende

Die Flugzeugführerschule in Böblingen bestand bis 1943. Außerdem diente der Flugplatz als Standort für die Hanns Klemm Flugzeugbau GmbH die nicht nur die eigenen Leichtflugzeuge baute, sondern auch Instandsetzungsarbeiten für die Luftwaffe ausführte und bis zu 1.200 Personen beschäftigte. Nach dem Bruch mit dem NS-Regime und Klemms Enteignung 1943 wurden in den Klemm-Werken auch Arado Ar 96 und Messerschmitt Me 163 gefertigt. Bei Bombenangriffen auf den Flughafen wurden große Teile der Klemm-Werke zerstört. Anders als Hailfingen-Tailfingen oder Großsachsenheim  war Böblingen zum Kriegsende nicht Standort von Nachtjägern, wohl aber Ausweichlandeplatz.

Anfang März 1945 wurde der Flugplatz aufgegeben. Eine Restmannschaft sollte die Sprengung aller Flughafenanlagen vorbereiten. Tatsächlich sprengten sie die Startbahn, die Tankstelle der Klemm-Werke und die Tankstelle zwischen Werft und Halle II. Weitere Befehle erfolgten nicht. Die letzten Angehörigen der Flughafenbelegschaft setzten sich am 19. April 1945 ab. Am 22. April wurde Böblingen von den Alliierten besetzt.

Nach dem Krieg wurde der Flugplatz zunächst als Internierungslager für deutsche Kriegsgefangene und als Lager für Displaced Persons („Heimatlose“, i.d.R. ehemalige Zwangsarbeiter) genutzt. Danach errichtete die US Army ein Fahrzeugreparaturwerk auf dem Gelände, das bis 1989 bestand. 1992 zogen die Amerikaner endgültig ab. Durch den Rückfall des Flughafengeländes an die Stadt wurde der Weg zur Neugestaltung frei.

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