Böblingen

Die Geschichte Böblingens liefert ein anschauliches Beispiel dafür, wie unterschiedlich mit dem Thema Luftschutz in Deutschland bis in den 2. Weltkrieg hinein umgegangen wurde. Obwohl die Stadt seit dem 1. Weltkrieg einen Militärflughafen hatte und zwei Kasernen beherbergte und obwohl die benachbarten Sindelfinger Daimler-Benz Motorenwerke bereits im 1. Weltkrieg als Zulieferer der Luftwaffe errichtet wurden, waren in der Stadt keine modernen Bunker für die Zivilbevölkerung errichtet worden. Informationen zu Konzepten wie dem Winkelturm waren vom Reichsluftfahrtministerium in den späten 1930er Jahren an die Stadtverwaltungen geschickt worden. Seit Mitte des Jahrzehnts hatte sie die Bauwirtschaft massiv beworben. Doch diese Maßnahmen waren teuer und kleine Städte scheuten die Kosten.

1939 hatte Böblingen 10.430 Einwohner. Wie in den meisten Städten dieser Größe ging man schlicht davon aus, dass man als Ziel für einen Luftangriff zu klein war. In den Häusern wurden die Keller luftschutzmäßig hergerichtet, in öffentlichen Gebäuden wurden öffentliche Luftschutzräume eingerichtet, auch die Brauereikeller wurden entsprechend umgebaut.

Von offizieller Seite ging man sicher auch davon aus, dass das benachbarte Stuttgart ein weitaus wichtigeres Ziel sein würde. Tatsächlich erlebte Böblingen im Gegensatz zur Landeshauptstadt bis 1943 keine Luftangriffe. Am 07. Oktober 1943 flogen die Briten mit 343 Bombern einen Angriff auf Stuttgart. Das Wetter in dieser Nacht war wieder einmal schlecht. Wolken und Hochnebel über der Region erschwerten den Piloten die Navigation. Die „Pfadfinder“ waren sich offenbar nicht sicher das Ziel erreicht zu haben. Während eine Gruppe die Stadt Stuttgart Angriff, wo 104 Menschen umkamen und der Tiefbunker am Hauptbahnhof zur Todesfalle wurde, warf eine zweite Gruppe ihre Bombenlast auf das nur schlecht vorbereitete Böblingen. Den Spreng- und Brandbomben fiel praktisch die gesamte Innenstadt zum Opfer. Über 360 Gebäude wurden getroffen ,44 Einwohner getötet und rund 200 verwundet.

Als Konsequenz beschloss die Stadtverwaltung den Bau von 9 Luftschutzstollen. Der größte mit 2.500 Sitzplätzen entstand am Galgenberg. Der zweitgrößte Stollen wurde für die schwer getroffene Innenstadt unter dem Schlossberg vorgesehen. Bis Kriegsende erlebte Böblingen 29 Luftangriffe, so dass die Stollen trotz des späten Baubeginns sicher dazu beitrugen leben zu retten. Dennoch starben in Böblingen 136 Menschen durch Fliegerangriffe.