Stuttgart HBF

Wer sich für die Geschichte der Bahn und ihrer Bahnhöfe interessiert stößt unweigerlich irgendwann auf den hohen Aufwand, den die Reichsbahn ab 1933 für den Luftschutz betrieb.

Das liegt zum einen daran, dass die Bahn in Baumaßnahmen für Luftschutzbunker für Bahnreisende und Pendler involviert war und zum anderen auch in dem beträchtlichen Bedarf an Schutzräumen für die eigene Belegschaft, für die gemäß Luftschutzgesetz im Rahmen des Werksluftschutzes entsprechende Schutzräume zu schaffen waren.

So nimmt es kaum Wunder, dass solche Luftschutzräume auch in Stuttgarter Hauptbahnhof geschaffen wurden. Wie in privatwirtschaftlichen Betrieben waren es in erster Linie die Kellerräume, die man für Luftschutzzwecke umbaute.

Der während des 1. Weltkriegs begonnene und 1922 eröffnete Hauptbahnhof verfügte unter dem Bahnhofsgebäude und den Gleisanlagen über ein ausgedehntes Netz unterirdischer Räumlichkeiten. Sie dienten als Verbindungstunnel für die Bahnfracht, zur Unterbringung der zahlreichen Versorgungsleitungen, als Abstell- und Lagerräume, und teils als Aufenthaltsräume für Schichtarbeiter.

Im Rahmen des Ausbaus zu Luftschutzräumen erfuhren einige dieser Kellerräume eine Umnutzung. Nach dem Krieg fanden kontinuierliche Umbauten in den Kellern des Bahnhofs statt, die das Gesicht vieler dieser Räume erneut und  teils mehrfach veränderten.

Vor allem zwei Ursachen sind für diese Bautätigkeiten verantwortlich. Zum einen erhöhte sich durch den technischen und zivilisatorischen Fortschritt nach dem 2. Weltkrieg der Platzbedarf für Leitungen kontinuierlich. Der Transport von Wasser, Energie, Strom und Daten hatte immer höheren Ansprüchen zu genügen und so wurden im Untergrund oft neue Leitungen neben die alten gelegt. Die Versorgungsstollen wurden immer enger.

Hinzu kam der S-Bahnbau, der ein eigenes unterirdisches Betriebsgebäude mit sich brachte, das zum Teil auf den S-Bahntunnel aufgesetzt wurde. Es wurde 2015 teilweise abgebrochen, musste aber aus Gründen der Lastverteilung auf den Untergrund als halbe Ruine im Boden stehen bleiben, bis ein entsprechender Teil des Troges ausbetoniert ist.

Zwischen Nordausgang und LBBW waren die offen gelegten Teile dieses Bauwerks ab 2015 in der Baugrube zu besichtigen. Dieses Betriebsgebäude beherbergte auch einen Durchgang von den Betriebsräumen der Bahn zum Zugang der Mehrzweckanlage Hauptbahnhof. Es gehörte damit unmittelbar zur baulichen Infrastruktur der Bahn während des Kalten Krieges.

Auch andere Räumlichkeiten im Untergeschoß des Hauptbahnhofs erfuhren eine erneute Veränderung im Rahmen des Zivilschutzkonzepts der 1960er und 1970er Jahre. An einigen Räumen waren noch immer die Luftschutztüren aus dem 2. Weltkrieg vorhanden. An den zentralen unterirdischen Wegen zu den Schutzräumen wurden neue reflektierende Farbbänder angebracht, mit deren Hilfe man sich auch im Dunkeln hätte orientieren können.

Die Fotos stammen aus einem Rundgang vor Beginn der Bauarbeiten zu Stuttgart 21. Einige der Räumlichkeiten sind inzwischen der Baugrube für den Tiefbahnhof gewichen.