Schulflugzeuge als Panzerjäger

Mitte Februar 1945 wurden die Flugzeugführerschulen der Luftwaffe stilgelegt. Somit stand eine grosse Zahl leichter Schulflugzeuge mit niedrigem Kraftstoffverbrauch für neue Aufgaben zur Verfügung. Neben Arado Ar 66 und Gotha Go 145 standen vor allem erhebliche Bestände an Bücker Bü 181 „Bestmann“ auf den Plätzen der Flugschulen. Seit 1938 war dieser kunstflugtaugliche Zweisitzer Standardflugzeug für die Anfängerausbildung gewesen.

Nach einer Meldung vom 30. September 1944 verfügten die Flugzeugführerschulen über 1.458 Bü 181. Am 21. März 1945 befahl der Chef des Generalstabs Führungsstab/Oberkommando der Luftwaffe, General Karl Koller 300 dieser Maschinen für den Nachtschlachteinsatz bereit zu machen. Weitere 200 waren für den Nachschub vorgesehen.

In den folgenden Wochen wurde versucht, die leichten Schulflugzeuge entweder mit Bombenabwurfvorrichtungen für 150 kg Bombenlast oder mit bis zu 6 Panzerfäusten auszurüsten, die an den Tragflächen montiert wurden und über einen Seilzug ausgelöst wurden. Die Flugzeuge wurden in 12 Nachtschlachtkommandos und 11 Panzerfauststaffeln aufgeteilt.  Die 7. Panzerfauststaffel wurde kurzfristig in Göppingen stationiert, die 4. Und 6. Panzerfauststaffel in Crailsheim.

Im Dezember 1944 hatte man die Flugzeugführerschule A 116 in Göppingen aufgelöst und Teile der Flugzeuge und des Personals nach Werder/Havel verlegt, wo nun das Nachtschlachtkommando 3 aufgebaut wurde.

Die meisten Nachtschlachtkommandos kamen praktisch nicht mehr zum Einsatz. Die Umrüstung zog sich hin, da Panzerfäuste und auch die Bombenträgervorrichtungen nicht in ausreichender Stückzahl beschafft werden konnten. Mangel an Treibstoff und die alliierte Luftüberlegenheit schränkten die Einsatzmöglichkeiten weiter ein. Schliesslich mussten die Einsätze auch geübt werden, was weitere Zeit kostete. Nach hektischen standortwechseln in den letzten Kriegstagen wurden die meisten Nachtschlachtkommandos zum Kriegsende aufgelöst.

Aus den Panzerfauststaffeln kamen allerdings einige Bü 181 zu Einsätzen gegen den Feind, auch in Württemberg. In Göppingen waren ab 28. März 1945 mit Panzerfäusten bewaffnete Bü 181 zusammengezogen worden. Nach einem Luftangriff auf den Flugplatz Anfang April 1945 wurden die Flugzeuge nach Kaufbeuren verlegt. Ab 17. April kehrte die Staffel wieder nach Göppingen zurück. Einsatzort sollte zunächst Backnang-Heinigen sein. Am 18. April verlegte die Staffel jedoch nach Mutlangen. Von dort aus flog sie am folgenden Morgen ihren ersten Einsatz gegen amerikanische Verbände. Es sind aber keine Erfolge oder weitere Details bekannt. Noch am Abend verlegte die Staffel nach einem weiteren Einsatz nach Dornstadt bei Ulm. Von dort flog sie am 20. April erneut gegen den Feind. Am selben Tag griff eine aus Göppingen kommende Bü 181 der 7. Panzerfauststaffel amerikanische Truppen bei Uhingen an. Das Flugzeug wurde abgeschossen, wobei die Besatzung getötet wurde. Mindestens bis 24. April 1945 standen die 4. und 7. Panzerfauststaffel im Einsatz bei Ulm.

Diese Einsätze hatten allerdings nur eine minimale Wirkung bei hohen eigenen Verlusten. Die unbewaffneten und ungepanzerten Flugzeuge flogen extrem langsam. Um ein Ziel mit der Panzerfaust treffen zu können, musste die Maschine bis auf 100, max. 200 m herankommen. Die Flugabwehr und Luftüberlegenheit der Alliierten machten Einsätze nur in der Dämmerung möglich. Dennoch wurden etliche Maschinen abgeschossen, einige flogen in Hochspannungsleitungen. Auch der Verlust an Menschen stand in keinem Verhältnis zur Wirkung. Anders als ursprünglich geplant, griffen die Bü 181 statt alliierter Panzerverbände letztlich LKW-Kolonnen als einzig mögliches Ziel an.

Selbst Luftwaffenoffiziere, die an der Planung und Durchführung dieses Programms beteiligt waren, gaben nach dem Krieg an, dass der Einsatz der Schulflugzeuge keinen militärischen Wert gehabt hatte und nur sinnlos Opfer kostete. Da zu vielen dieser Einsätze keine offiziellen Dokumente erhalten sind, können die Opfer bis heute nicht genau beziffert werden.