Schwere Flak in Stuttgart

Bei der Einrichtung des Flakgürtels auf den Höhenlagen rund um die Stuttgarter Innenstadt und am Neckar entlang ab 1938 orientierte sich die Luftwaffe zunächst an den Erfahrungen der Jahre 1915 – 1918. Manche Standorte aus dem 1. Weltkrieg wurden direkt oder in unmittelbarer Nähe wieder besetzt.

Im Rahmen ihrer Intervention in Spanischen Bürgerkrieg setzte die deutsche Luftwaffe nicht nur Kampf- und Transportflugzeuge, sondern auch Flakverbände ein, die dort Kampferfahrung erwarb. Eine erste Aufstellung von Flakverbänden zum Schutz der Stadt Stuttgart erfolgte während der Sudetenkrise in der Flugabwehrgruppe Stuttgart am  20.09.1938 mit der

schwere ReserveFlakabteilung 251
schwere ReserveFlakabteilung 624
leichte ReserveFlakabteilung 258
ReserveFlakScheinwerferabteilung 250
FlaM.G.Reservekompanie 586.

Diese Verbände gingen allerdings noch nicht in Stellung. Ihre Bereitschaft endete im Oktober 1938. Mit der Mobilisierung im August 1939 besetzte das Flakregiment 25 mit folgenden Einheiten Stellungen in Stuttgart:

ReserveFlakabteilung 251
ReserveFlakabteilung 252 und der
ReserveFlakScheinwerferabteilung 258.

Das Regiment hatte die Führung des Flugabwehrkommandos Stuttgart zum 25.08.1939 übernommen. Diese Gliederung wurde bis 09.06.1940 beibehalten.

Direkt nach der Kapitulation Frankreichs übernahm am 23.06.1940 das Flakregiment 18 den Schutz der Württembergischen Hauptstadt, der von nun an in der Flakgruppe Stuttgart organisiert war.

Diese setzte sich zusammen aus der
ReserveFestungs-Flakabteilung 351
ReserveFlakabteilung II./21
ReserveFlakabteilung 502
Leichte Reserve-Flakabteilung 941 und der
ReserveFlakscheinwerferabteilung 909.

In der Nacht vom 24. auf den 25. August 1940 erfolgte kurz nach Mitternacht der erste Luftangriff auf Stuttgart mit 20 britischen Bombern. Er verfehlte das Ziel Daimlerwerke in Untertürkheim, traf dort aber mehrere Wohngebäude. Die schwersten Schäden entstanden in Gaisburg, wo vier Menschen starben.

Am 07. Februar 1941 kam das Luftgaukommando VII (LG VII) zu dem Schluss, dass eine Verstärkung der eingesetzten Batterien von 4 auf 6 Geschütze für Stuttgart, Augsburg, München, Friedrichshafen erwünscht sei. Kurzfristig war dies jedoch nicht realisierbar, da die zusätzlichen Geschütze nicht zur Verfügung standen.

Am 20. Februar 1941 übernahm das Flakregiment 35 die Führung der Flakgruppe Stuttgart. Die meisten Einheiten der Flakgruppe Stuttgart blieben erhalten. Sie gliederte sich nun in die

Flakuntergruppe NORD (ReserveFlakabteilung 502)
Flakuntergruppe SÜD (ReserveFlakabteilung 351 (F))
Flakuntergruppe OST (Leichte Reserve-Flakabteilung 941)
Flakuntergruppe MITTE (ReserveFlakabteilung II./21) und die
Flakuntergruppe SCHEINWERFER (III./Flakregiment 25).

Die folgende Belegung der Schweren Flakbatterien in Stuttgart ist für Februar 1941 nachweisbar:

Batterie Stellung
1./Res.351 (F) Luginsland (Blick)
2./Res.351 (F) Heumaden (Sillenbuch)
3./Res.351 (F) Vaihingen
4./Res.351 (F) Sulzgries
1./Res.502 Stammheim
2./Res.502 Gerlinger Höhe
3./Res.502 Kornwestheim
4./Res.502 Burgholzhof
8. Res. II/21 Schmidener Feld

Zum 10. April 1941 findet sich im Kriegstagebuch des LG VII der Eintrag „Stuttgart ist mit 9 Schweren Batterien ausreichend geschützt“.

Am 27. April erging die Weisung zu einer Vereinheitlichung der Gliederung der Flakabteilungen. In diesem Zusammenhang wurde u.a. die Re. Flakabteilung 353 neu aufgestellt. Die Batterie Burgholzhof wurde mit der 4./Res. 353 belegt.

Am 29.09.1941 wird auf einer Sitzung der Beiräte für Luftschutzfragen bekannt gegeben, “daß in Stuttgart derzeit 79 Flakgeschütze aufgestellt sind, darunter 24 vom Kaliber 8,8 cm.“ Die Verteilung war nach Norden und Nordwesten ausgerichtet, sowie nach Südosten im Neckartal. Diese Anordnung lässt darauf schließen, dass die Luftwaffe Angriffe aus Norden bzw. Nordwesten erwartete. Außerdem ist eine klare Orientierung der schweren Flak in der Nähe des Industriegürtels zwischen Zuffenhausen, Feuerbach, Bad Cannstatt und Untertürkheim erkennbar.

Seit 26.11.1941 gehörte die Flak in Stuttgart zum Flakregiment 75 – Flakgruppe Stuttgart, gegliedert in

Flakuntergruppe Kornwestheim (Reserveflakabt. 365)
Flakuntergruppe Neckartal (Reserveflakabt. 234)
Flakuntergruppe Doggenburg (Reserveflakabt. 542).

Am 31.12.1941 unterstand die Flakgruppe Stuttgart dem Flakregiment 75 der Flakbrigade IV. Das Regiment hatte seit Kriegsbeginn über alle organisatorischen Änderungen hinweg seinen Gefechtsstand am Tazzelwurm gehabt. Zum 26.11. war dieser in das Rudolph-Sophien-Stift verlegt worden. Zum Jahresende verfügte die Flakgruppe Stuttgart über 9 schwere und 6 mittlere/leichte Batterien.

Das Jahr 1942 brachte wenig Veränderung. Mit den Eingemeindungen Stammheims und der südlichen Nachbarorte vergrößerte sich jedoch das Stadtgebiet signifikant und mehrere schwere Flakstellungen lagen nun innerhalb der Stadtgrenzen Stuttgarts.

Zum Jahresende 1942 waren diese Stellungen mit Schwerer Flak (6 x 8,8 cm) belegt:

Korntal
Birkenkopf 
Degerloch
Heumaden
Wangener Höhe
Sulzgries
Schmidener Feld
Kornwesheim
Stammheim
Burgholzhof

Die Reserveflakabteilung 365 wurde in Schwere Flakabteilung 365 umbenannt. Die 1./Schw.365 lag in Kornwestheim, die 3./Schw.365 (bis dahin 3./Res. 365) in Vaihingen. Außer Birkenkopf und Heumaden waren alle Stellungen mit Funkmeßgeräten ausgestattet. 

Am 01.11.1943 erfolgte eine grundlegende Reorganisation der schweren Flak in Stuttgart. Von nun an standen unter dem Kommando Flakregiment 75 – Flakgruppe Stuttgart zum Schutz der Stadt bereit:

Schwere Flakabt. 241
Schwere Flakabt. 436
Schwere Flakabt. 460
Leichte Flakabt. 858.

Die Zuordnung des Regiments änderte sich am 09. Januar 1944 von der IV. Flakbrigade in die Flakbrigade 20. Zu diesem Stichtag verfügte die Flakgruppe über 15 Schwere Batterien, 7 mittlere/leichte Batterien und 1 Nebelkompanie. Nicht alle Batterien dieser Abteilungen waren in Stuttgart eingesetzt. Die folgende Übersicht enthält die Anfang 1944 in Stuttgart stehenden schweren Flak-Batterien.

Batterie Stellung
1/s.241 Wangener Höhe
2/s.241* Korntal
3/s.241 Birkenkopf
4/s.241 Kornwestheim
6/s.241 Heumaden (Sillenbuch)
7/s.241 Vaihingen
8/s.241 Schmidener Feld
1/s.436 Burgholzhof
2/s.436 Luginsland (Blick)
3/s.436 Sulzgries
5/s.436 Degerloch
1/s.460 Vaihingen
2/s.460 Mühlbachhof (Doggenburg, Kochenhof)
3/s.460 u. 4/s.460 Weilimdorf
5/s.460 Heumaden
6/s.460 Stammheim
? Gerlinger Höhe

* Die 2/s.241 war bis Sommer 1943 in Korntal stationiert und verlegte dann nach Friedrichshafen.

Den vorliegenden Quellen nach verfügten die schweren Batterien in Stuttgart wohl ab spätestens 1943 in der Regel über jeweils 6 Kanonen.  Zu den schweren Flak-Batterien in Stuttgart kursieren weitere Angaben, die mitunter nicht belegt sind.

Im Sommer 1944 wurden vier schwere Flak-Batterien aus Stuttgart abgezogen und nach Schlesien zum Schutz der dortigen Industriebetriebe verlegt. Es waren dies die 7/s.241 aus Vaihingen, die 3/s.460 aus Weilimdorf, die 5/s.460 aus Heumaden und die 6/s.460 aus Stammheim.

Für die Stellung Stammheim ist keine Nachbelegung bekannt. Die anderen Stellungen wurden mit neuen Batterien belegt, so dass am 29. Juli 1944 laut LG VII wieder 15 schwere Batterien zur Verfügung standen.

Batterie Stellung
1/s.241 Wangener Höhe
3/s.241 Birkenkopf
4/s.241 Kornwestheim
6/s.241 (ex 2./906), RAD 4./260 Heumaden (Sillenbuch)
8/s.241 (ex 4./906), RAD 8./260 Schmidener Feld
1/s.436 Burgholzhof
2/s.436 Luginsland (Blick)
3/s.436 Sulzgries
5/s.436 Heumaden
6/s.436 (RAD 4./265) Schmidener Feld
1/s.460 Vaihingen (Batterie 1)
2/s.460 (RAD 7./304) Mühlbachhof (Doggenburg, Kochenhof)
4/s.460 Vaihingen  (Batterie 2)
s.Hei. 206/XII Echterdingen
5/s.241**, s.Hei. 206/XIII, RAD ?/304  Weilimdorf
s.Hei. 206/XIII*** Korntal
? Gerlinger Höhe

** Die 5/s.241 verlegte im November 1944 nach Regensburg
*** Die s.Hei. 206/XIII verlegte am 09.Oktober 1944 nach Weilimdorf

Organisatorisch übernahm im Juli 1944 die 9. Flakbrigade die Führung der Stuttgarter Flak. Sie wurde aber bereits im Oktober 1944 in die 28. Flakdivision umgewandelt. War bis 1944 das LG VII für Stuttgart zuständig, unterstand diese dem LG V, wo sie am 09. Dezember herausgelöst und dem IV. Flakkorps unterstellt wurde. Diesen Angaben zufolge soll das Flakregiment 139 über 17 schwere und 13 mittlere/leichte Batterien zu Schutz Stuttgarts verfügt haben:

Schwere Flakabt. 241
Schwere Flakabt. 436
Leichte Flakabt. 858

Die Tatsachen, dass zu diesem Zeitpunkt aber zumindest die 1/s.460 und 4/s.460 noch in Stuttgart waren und das vom LG VII weitergeführte Kriegstagebuch am 29.07.1944 15 schwere Batterien benennt, stehen hierzu in einem gewissen Widerspruch.

Eine letzte klare Neustrukturierung erfolgte am 19.01.1945. Demnach war die Flakgruppe Stuttgart nun gegliedert in:

Schwere Flakabt. 241 (Flakuntergruppe Kornwestheim)
Schwere Flakabt. 436 (Flakuntergruppe Neckartal)
Leichte Flakabt. 858 (Flakuntergruppe Stuttgart Mitte)
Nebelkompanie 91 (Raum Stuttgart)
Luftschutz-Abteilung z.b.V. V Gerlingen.

Die Belegung der Batterie-Stellungen hatte sich den Quellen zufolge wenig geändert. Vermutlich um diese Zeit wurde die Stellung Gehenbühl neu belegt. Der Gefechtsstand war zu diesem Zeitpunkt wieder am Tazzelwurm. In manchen Unterlagen taucht sogar der Name „Flakgruppe Tatzelwurm“ auf, der aber innerhalb der Luftwaffe keinen offiziellen Charakter hatte.

Ab Ende März 1945 wurde die Situation unübersichtlich. Vom 31.03. – 06.04.1945 unterstand die Flak erneut dem Flakregiment 139. In dieser Zeit kam die flämische Flakabteilung 590 nach Stuttgart, wo sie neu mit Waffen ausgerüstet wurde und einige Tage später abrückte. Auch eine Luftsperrabteilung 107 wurde neu aufgestellt.

Am 13.04.1945 schließlich erfolgte die Umorganisation der 28. Flakdivision, die dann aus den folgenden Verbänden bestand:

Gemischte Flakabteilung 442
Gemischte Flakabteilung 436
Leichte Flakabteilung 923.

Zu den genannten Batterien kamen noch die Batterie der Eisenbahnflak mit 10,5 cm-Geschützen auf Eisenbahnwaggons am Gleisdreieck zwischen Stuttgart-Zuffenhausen und Kornwestheim, sowie die 10,5 cm-Kanone auf einem Eisenbahnwaggon am Westbahnhof.