Flakbatterie Burgholzhof

Seit 1829 hatte der Cannstatter Adlerwirt Weisser auf dem Wolfersberg am Burgholz ein landwirtschaftliches Gut aufgebaut, das 1852 von der königlichen Hofdomänenkammer erworben und an die Familie Aldinger verpachtet wurde. Diese erhielt 1869 eine Schanklizenz, wodurch der „Burgholzhof“ zu einem beliebten Ausflugsziel wurde.

Vom Ausflugsziel zum Exerzierplatz

1881 wurde der Verschönerungsverein Cannstatt gegründet. Sein Stuttgarter Pendant existierte seit 1861 und hatte 1879 den Hasenbergturm eingeweiht. So lag der Wunsch bei den Cannstattern nahe ihrerseits ebenfalls einen exponierten Aussichtsturm zu bauen. Erste Vorschläge gab es bereits ein Jahr nach der Gründung des Verschönerungsvereins. Die Kosten von 12.800 Mark wurden durch Anteilsscheine und Spenden aufgebracht. Die Planung hatte Oberamtsbaumeister Friedrich Keppler. Sein Entwurf für einen historisierenden Kastell-artigen Turm fand die Zustimmung des Vereins. Am 25. Mai 1891 fand die Grundsteinlegung ca. 200 m vom „Burgholzhof“ entfernt an der Cannstatt zugewandten Kuppe statt. Am 19. September 1891 konnte der Turm eröffnet werden.

1927 wurde das Burgholz und das angrenzende Gebiet bis zum Feuerbach im Norden und zur Bahnlinie Münster-Kornwestheim im Osten zum Exerzierplatz der Reichswehr. Das Gelände wurde dem Militär als Ersatz für den bisherigen Exerzierplatz auf dem Cannstatter Wasen zur Verfügung gestellt. Der „Burgholzhof“ wurde abgebrochen, das Ausflugslokal zum Offizierskasino.

Stellungsbau

Ab 1940 begann der Bau einer schweren Flakstellung im Gewann Kalter Berg, zwischen dem Robert-Bosch-Krankenhaus und dem Wolfersberg. Das Batteriegelände lag aber außerhalb des Exerzierplatzes. Wie für die damalige Zeit üblich wurden die Bettungen in Beton ausgeführt und entsprachen der in der Luftverteidigungszone West verwendeten Bauweise. Im Bereich zwischen dem heutigen Hotel Bergheide und dem Paul-Hahn-Weg wurden die Baracken für das Flakpersonal errichtet, auf etwa zwei Dritteln des Wegs in Richtung Bergheide lag der Mannschaftsunterstand. Dem Gelände entsprechend waren die sechs Bettungen nicht kreisförmig angeordnet, sondern in einem unregelmäßigen Sechseck in den Hang eingepasst.

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Luftbild der USAAF vom Angriff auf die SKF an der Pragstraße am 25.02.1944 (Markierung). Der Ausschnitt zeigt die Kasernen am Burgholzhof (oben), die Heilbronner- und Pragstraße am Pragsattel unten, darüber das Robert-Bosch-Krankenhaus und darüber das Gelände der Flakstellung mit den zugehörigen Baracken. Foto: NARA  

Das Stellungsgelände war nach Südwesten ausgerichtet und hatte somit vom Kräherwald im Norden über die Innenstadt hinweg bis Degerloch/Sillenbuch im Süden der Stadt ein freies Schussfeld. Somit sperrte die Batterie auch den direkten Einflug von Nordwesten über das Industriegebiet Pragstraße nach Bad Cannstatt  und ins Neckartal.

Belegung und Einsatz

Die Belegung der Stellung ist bis heute Gegenstand von Forschungen. Sehr wahrscheinlich gehörte die erste schwere Batterie am Burgholzhof ab 26.11.1941 zur Flakuntergruppe Doggenburg (Reserveflakabt. 542) und war mit sechs 8.8 cm-Geschützen ausgerüstet.

Der unmittelbar neben dem Militärgelände stehende Aussichtsturm wurde in die Maßnahmen der Fliegerabwehr integriert. Der Luftwaffe war nicht entgangen, dass der Turm eine weite Sicht ins Land ermöglichte, im Norden bis nach Kornwestheim, im Nordwesten bis Ditzingen, im Westen bis zum Hasenberg, im Süden bis Degerloch und ins Neckartal bis Obertürkheim. So wurde der Aussichtsturm zur Beobachtungsstelle für die Flakbatterie. Unmittelbar daneben, im Areal des Militärgeländes, ging eine leichte Flakbatterie in Stellung.

Die Sperre des Pragsattels beschränkte sich aber nicht auf die Batterie Burgholzhof. So wurde auf dem 1941/42 errichteten Hochbunker am Pragsattel eine 3,7 cm-Flak stationiert. Der Hochbunker diente auch als Verankerung einer Seilsperre gegen Tiefflieger. In der Banzhalde wurde ein hölzerner Turm für drei 3,7 cm-Geschütze errichtet. All diese Maßnahmen sollten verhindern, dass feindliche Flugzeuge die weitreichenden 8,8 cm-Kanonen der Stellung Burgholzhof unterflogen.

Zum 01. November 1943 erfolgte eine tiefgreifende Umgruppierung der schweren Flak in Stuttgart. Nun standen Batterien von vier schweren Flakabteilungen zur Verteidigung Stuttgarts in Stellung. Ab diesem Zeitpunkt waren auch Luftwaffenhelfer am Burgholzhof im Einsatz.

Leider ist auch von dieser Umgruppierung nicht eindeutig bekannt, welche Batterie am Kalten Berg in Stellung ging. Die teilweise in Medien erwähnte 1 s./241 war nachweislich auf der Wangener Höhe stationiert. Wenn sie auf dem Burgholzhof in Stellung lag, kann dies nicht für längere Zeit gewesen sein, und sie müsste nach der Verlegung auf die Wangener Höhe durch eine andere Batterie ersetzt worden sein. Gesichert ist allerdings, dass im Oktober 1944 die s. Hei. 235/VII dort stationiert war.

Belegt ist auch die Stationierung von 3 Bofors-Kanonen der 1/le. 858 mit Kaliber 4 cm aus Beutebeständen zur Verstärkung der mittleren Flak in der Stellung gegenüber des Aussichtsturms Anfang August 1943. Bereits im November 1943 wurden diese durch 3,7 cm-Kanonen ersetzt.

Die schwere Flakbatterie auf dem Burgholzhof blieb bis zum Einmarsch der Franzosen und Amerikaner am 21. April 1945 in Stellung. Ihre letzte Munition verschoss sie am Morgen des 21. April als Sperrfeuer über Weilimdorf, wo sich aus Ditzingen kommende französische Truppen näherten. Danach wurde die Stellung aufgegeben.

Der Aussichtsturm blieb auch nach Kriegsende gesperrt. Damit verhinderte die US-Army als neuer Nutzer des Kasernenareals auf dem Burgholzhof, dass vom Turm aus das US-Areal überblickt werden konnte. Erst 1986/1987 konnte der Turm  durch den Verschönerungsverein Pro-Alt-Cannstatt saniert und wieder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Es galt aber zunächst noch ein Fotografierverbot, das erst mit dem Abzug der amerikanischen Streitkräfte aufgehoben wurde.