- Die Bunkertür im Schleusenbereich zum Fußgängertunnel fiel in geöffnetem Zustand kaum auf.
- Das Fenster vom Büro des Bunkerwarts in die Eingangsschleuse.
- Bedienungsanweisung für die Schleuse im Büro des Bunkerwarts.
- Blick in das Parkdeck, das im Krisenfall zum Bunker geworden wäre.
- Die Führung des Rolltors, mit dem die Zufahrt zur Tiefgarage verschlossen werden kann.
- Warnleuchte. Sie warnt, wenn das Rolltor geschlossen wird.
- Das Rolltor in seinem Lager. Es besteht aus einem mit Beton ausgegossenen Stahlkasten.
- Treppenhaus zwischen Parkdeck und Versorgungsebene.
- Infotafel zum Bauwerk. Im Betriebsfall wären hier 16 Techniker und Helfer eingesetzt worden.
- Eine der beiden Essensausgaben in der Versorgungsebene.
- Verbindungsgang mit Zugängen zu Versorgungsräumen und Sanitäranlagen.
- Waschraum. Das Prinzip dieser Räume hatte sich seit dem 2. Weltkrieg nicht geändert.
- Toilettenraum für Männer. Die Ausstattung entspricht dem Standard für Pissoirs aus den frühen 70er Jahren.
- Die Toilettensitze sind lediglich mit Vorhängen nach außen abgetrennt.
- Wassertanks für die Trinkwasserversorgung. 160 Kubikmeter Wasser konnten bevorratet werden.
- Herstellerschild eines 5.000-Liter-Tanks. Während Filter und Lüftung von den Traditionsfirmen Dräger und Piller stammen, wurden die Tanks aus Esslingen geliefert.
- Filteranlage (Detail) der Drägerwerke AG in Lübeck. Das Unternehmen bot schon in den 30er Jahren Bunkertechnik an.
- Betonsteine. Sie sollten von Innen vor die Bunkertüren geschichtet werden, um diese gegen Druckwellen zu verstärken.
- Schematische Darstellung der Lüftungsanlage auf einem Briefpapier des TÜV Stuttgart.
- Treppenaufgang von der Versorgungsebene zum Parkdeck. Die Übergänge sind durch separate Türen gesichert.
- Eingelagerte Betten, die im Krisenfall im Parkdeck aufgestellt worden wären.
Zu den Anlagen, um die sich zahlreiche Mythen ranken, und zu denen noch immer Gerüchte und Mißverständnisse kursieren gehört die Mehrzweckanlage (MZA) am Hauptbahnhof. Es handelt sich um eine Zivilschutzanlage für 4.500 Personen, die dort Schutz vor Strahlen und Gas finden sollten.
Angesichts der Diskussionen und Proteste anläßlich des Bahnhofneubaus mag es auch interessant sein, die Baugeschichte dieser Anlage zu betrachten, die direkt mit dem S-Bahn-Bau und der Entstehung der unterirdischen Stadtbahnhaltestelle und der Klett-Passage zusammenhängt.
Großbaustelle Hauptbahnhof
Tatsächlich sind anspruchsvolle und umfangreiche unterirdische Bauwerke am Stuttgarter Hauptbahnhof bereits in den frühen 1970er Jahren realisiert worden. Bis dahin gab es in diesem Bereich die recht umfangreichen Keller und Verbindungsgänge des Hauptbahnhofs und weiterer Bahnhofsbereiche, den Tiefbunker unter dem Bahnhofsvorplatz und einige andere Luftschutzräume der Reichsbahn aus dem 2. Weltkrieg.
Mit dem Bau der U-Straßenbahn zwischen Charlottenplatz und Türlenstrasse wurde der gesamte Bereich zwischen Bahnhof und Hindenburgbau 2 Geschosse Tief ausgehoben um die U-Straßenbahn und die Klettpassage einbauen zu können. Der hier befindliche Tiefbunker mußte dieser Maßnahme weichen. Auch andere unterirdische Räume wurden beseitigt. So sind kursierende Berichte über Tunnel die während des Krieges vom Keller des Hotels Graf Zeppelin abzweigten nicht mehr belegbar, da diese spätestens im Aushub für die Klettpassage aufgegangen wären.
Ein neuer Bunker für den Bahnhof
Ähnlich wie bei der S-Bahn-Haltestelle Stadtmitte gab es auch am Hauptbahnhof die Überlegung, die dort geplante S-Bahn-Station als „Atombunker“ auszubauen. Die zahlreichen Verbindungswege mit ihren Treppen, Rolltreppen und Aufzügen stellten diese Idee aber vor enorme Hürden. Aus dieser Diskussion speisen sich noch heute Gerüchte, die den Bunker im Gleisbereich verorten.
Im Rahmen der Unterquerung des Bahnhofnordflügels bot sich aber der Einbau einer Mehrzweckanlage an, die primär als Tiefgarage genutzt und im Krisenfall entsprechend als Schutzraum eingerichtet werden kann. Die Baugrubensohle lag hier bis zu 23 m unter Bahnhofsniveau. Oberhalb des S-Bahntunnels bot sich somit die Möglichkeit zum Einbau eines zweigeschossigen Bauwerks, das größtenteils unter den Gleisen 1 bis 4 des Hauptbahnhofs liegt.
Der Bau der MZA
Dort wurden zeitweise Gleisanlagen zurückgebaut, um Großbohrpfähle zu setzen, die die spätere Baugrube umschlossen. Auf sie wurde dann die Decke gesetzt, auf denen die oberirdischen Gleise neu angelegt wurden. So konnte die Beeinträchtigung für den bestehenden Bahnverkehr minimiert werden. Anschliessend wurden die Hohlräume im Untergrund ausgehoben.
Die Arbeiten begannen im April 1972. Im Mai 1974 konnten die wiederhergestellten Bahnsteige und Gleissegmente in Betrieb genommen werden. Nun begann der innere Rohbau. Er erfolgte von oben nach unten. Es wurde also zunächst unter der Deckenplatte bis zur nächsten Geschoßsohle ausgehoben. Die Seitenwände und Zwischendecken wurden pro Geschoß im Rohbau erstellt.
Das Parkdeck der Tiefgarage war somit der zweite Bauschritt. Nach seiner Fertigstellung wurde die darunterliegende Etage erstellt, in die später die gesamte Technik der Luftschutzanlage eingebaut wurde, und die auch als Lagerraum für die Betten diente. Nach deren Fertigstellung wurde unterhalb der S-Bahntunnel ausgehoben.
Die Arbeiten für den inneren Rohbau dauerten vom März 1974 bis Ende 1975. Das Baulos wurde von den Firmen Hochtief AG und Beton- und Monierbau A-G bearbeitet. Im Schnitt arbeiteten 60 Personen auf dieser Baustelle. 200.000 Kubikmeter Aushub mussten abtransportiert werden. 53.000 Kubikmeter Beton und 6.500 Tonnen Stahl wurden verbaut. Die Baukosten beliefen sich auf 55,3 Mio. DM. Diese Angaben gelten allerdings für das gesamte fast 500 m lange Baulos 3, das auch die Rampe in den S-Bahntunnel umfaßt, in dem die Anzahl der Gleise von 4 auf 2 zusammengeführt wird.
Parkhaus und Bunker
Die Tiefgarage wurde für 120 Autos konzipiert. Die Zufahrt war zunächst als Provisorium gedacht, da damals noch ein Postbahnhof geplant war, über den die Tiefgarage angefahren werden sollte. Das Projekt wurde jedoch nicht umgesetzt, so dass die Zufahrtsrampe als Dauerlösung blieb.
Die Zufahrt zur Tiefgarage erhielt ein massives Rolltor aus Stahl mit Betonfüllung, mit dem die Anlage im Krisenfall verschlossen werden konnte. Im Durchgang zum Fußgängertunnel, der die Fernbahngleise mit der S-Bahnstation verbindet, wurde ein Schleusenraum eingebaut, neben dem auch der Raum des Bunkerwarts angelegt wurde.
Dieser Schleusenraum war jahrzehntelang der Zugang vom Bahnbereich zur Tiefgarage. Kaum ein Passant beachtete beim Hindurchgehen die offenstehende Bunkertür im Schleusenbereich, mit der dieser Zugang des Bunkers verschlossen werden konnte.
Noch weniger wird das Panzerglasfenster innerhalb der Schleuse aufgefallen sein, mittels dessen der Bunkerwart die Schleuse einsehen konnte. Insgesamt gab es drei Zugänge: ûber den Fußgängertunnel, über Bahnsteig 3/4 und die Zufahrt zum Parkhaus.
Die gesamte Tiefgarage wäre im Krisenfall mit speziellen Stockbetten ausgestattet worden. Noch immer sind an der Decke des Parkhauses die viereckigen Markierungen zu sehen, die anzeigten wo die Betten aufzustellen waren. Diese Ebene der Anlage war ausschließlich als Liege- und Aufenthaltsbereich konzipiert. Da somit charakteristische Ausstattungsmerkmale eines Bunkers in diesem Bereich nicht zu sehen sind, erkennen Nutzer der Tiefgarage den Bunker in der Regel nicht. Der in dieser Ebene angesiedelten Krankenraum ist zwar mit einem rote Kreuz markiert, fällt jedoch ansonsten dem Benutzer nicht auf.
Technik- und Versorgungsebene
Vom innern der Tiefgarage führt neben der Durchgangsschleuse zum Fußgängertunnel ein Treppenhaus in das darunter liegende Stockwerk. In diesem sind sanitäre Anlagen (6 Großwaschräume mit Toiletten), zwei Küchen mit Vorratsräumen und Essenausgabestellen, die Technikräume (Filter, Lüftung, Heizung) und die Zapfstellen der beiden Notwasserbrunnen untergebracht. Hier stehen auch die Wassertanks, die die Anlage mit Trinkwasser versorgen sollten.
Dieser Bereich ist für die Öffentlichkeit nicht zugänglich. Vereinzelt wurden Besichtigungen durchgeführt und Fotografen erhielten auch die Möglichkeit diesen Bereich zu dokumentieren. Aus dieser Zeit finden sich entsprechende Fotos im Internet und im Repertoire verschiedener Fotografen. Die Anlage war bis zum Baubeginn von Stuttgart 21 in Zivilschutzbindung. Allerdings wurde die Instandhaltung nach Ende des Kalten Krieges teilweise vernachlässigt, wohl auch in der Erwartung, dass eine dauerhafte Zivilschutzbindung nicht aufrechterhalten würde. Vor allen die sanitären Anlagen boten so am Ende des ersten 2000er-Jahrzehnts ein ernüchterndes Bild.
Das Treppenhaus ist allerdings nicht die einzige Verbindung der beiden Stockwerke der MZA. Es gibt mehrere Treppenverbindungen über die im Krisenfall auch die Betten nach oben gebracht werden sollten. Wer den Boden der Tiefgarage aufmerksam betrachtet kann die Abdeckungen dieser Treppen erkennen.
Anders als es der Begriff „Atombunker“ vermuten lässt, und auch anders als entsprechende kursierende Gerüchte nahe legen mögen, war diese Anlage genausowenig wie die anderen MZA in Stuttgart jemals dazu gedacht einen Atomaren Schlag gegen die Stadt Stuttgart zu überstehen. Den Planern war sehr wohl klar, dass gegen einen direkt über dem Kessel gezündeten Atomsprengkopf kein Schutz möglich war. Wie andere MZA war auch diese Anlage für einen zeitlich begrenzten Aufenthalt bestimmt. Sie wäre gas- und strahlendicht gewesen. Ihre Konzeption folgte der Annahme, dass man die Insassen 2-3 Wochen vor einer akuten Verseuchung schützen müsse. Danach sollten sie entweder evakuiert werden oder wieder in die Stadt zurückkehren können.
Umnutzung und Ausblick
Es waren die Proteste gegen Stuttgart 21, die der Anlage eine unverhoffte, zeitlich begrenzte Neunutzung bescherten. Um Bereitschaftsräume und sanitäre Anlagen für die teils erheblichen Polizeikontingente anbieten zu können, wurden hier Sanierungen vorgenommen. Teilweise wurden die Räumlichkeiten auch temporär von der Bahn genutzt. Durch die Bauarbeiten am Trog des neuen Tiefbahnhofs ist inzwischen der Fußgängertunnel gesperrt, so dass eine Passage durch die dortige Schleuse nur noch von den Gleisen 1 und 2 möglich ist.
Die MZA ist mittlerweile aus der Zivilschutzbindung genommen worden und fungiert nur noch als Tiefgarage. Es ist unwahrscheinlich, dass während der Bauzeit von Stuttgart 21 Publikumsverkehr in der Anlage ermöglicht wird.
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