Letzte Stellung Gerlingen

Im April 1945 wurde am nördlichen Rand von Gerlingen ein Verteidigungsgürtel geschaffen. Er begann ca. 100 m vom Engelbergtunnel entfernt im Grimmle und erstreckte sich jeweils 100 – 200m vom Ortsrand entfernt über die Gewanne Bohnholz, Hertling, Bauwiesen, Holderäcker, Gerteisen bis nach Unterhausen. An der Stadtgrenze zu Stuttgart schloss sich die Verteidigungsstellung von Weilimdorf an, in die die Schwere Flakbatterie 206/XIII bei Hausen eingebunden war. Diese war zuvor der Scheinanlage Weilimdorf zugeordnet gewesen.

Die an der Autobahn auf der Gerlinger Höhe stationierte Schwere Flakbatterie war im Frühjahr nach Gehenbühl /Laichle verlegt worden.

Ein Kette aus Schützenlöchern

Der Gerlinger Verteidigungsgürtel war kein zusammenhängendes Grabensystem. Für dessen Bau standen weder Zeit noch ausreichend Ressourcen zur Verfügung. Die Linie bestand aus sogenannten „Schutznestern“, die im Abstand von 50 – 200 m eingerichtet wurden. Sie wurden in der Regel mit Schultergewehren ausgestattet und manche waren zur Aufnahme von Maschinengewehren vorbereitet.

Die Leitung der Befestigungsmaßnahmen lag bei Leutnant Schäfer aus Weilimdorf, die Ausführung wurde vom Volkssturm erbracht. Etwa 90 Personen zwischen 17 und 55 Jahren aus Gerlingen waren vom Wehrmeldeamt Leonberg eingezogen worden. Ca. 50 von ihnen waren in Saal 2 des alten Schulhauses und im Saal 8 des neuen Schulhauses kaserniert worden.

Die Maschinengewehrstände wurden links und rechts der Straßen nach Leonberg und Ditzingen eingerichtet.

An den Strassen nach Leonberg, Ditzingen und Weilimdorf waren sogenannte Stehlöcher ausgehoben worden, aus denen Panzerfäuste abgefeuert werden sollten.

Die Bilderstrecke dokumentiert die Anleitung zum Einsatz der Panzerfaust aus 30 m Entfernung.

Straßensperren

Ab Ende März 1945 hatten Pioniere und Volkssturm auch mit dem Bau von Panzersperren begonnen.
An der Weilimdorfer Straße 13 war eine Straßensperre aus Holz und Steinen errichtet worden, die mit einem Straßenbahnwagen verschlossen werden sollte. Eine zweite Sperre aus in den Boden gerammten Baumstämmen sollte an der Weilimdorfer Straße 15 die Christofstraße sperren. Die Stämme wurden mit Eisenklammern verbunden. Auch diese Sperre sollte durch einen Straßenbahnwagen verschlossen werden.

Im Garten der Petruskirche wurde das Abschussloch für die Panzerfaust ausgehoben. Der Friedhof hinter der Kirche sollte in die Ortsverteidigung eingebunden werden.

In der Ditzinger Straße wurde die Sperre bei Haus Nummer 6 aus Steinen gebaut. Sie sollte mit Leiterwagen verschlossen werden.

Die Sperre der Leonberger Straße wurde beim Gasthof „Rose“ (Haus Nr. 17) aus Steinen und Eisenteilen eines abgebrannten Hauses errichtet. Das Abschussloch für die Panzerfaust wurde in den benachbarten Gemüsegarten gelegt.

Die Gerlinger Hauptstraße wurde zwischen den Gebäuden 3 (Schmiedemeister Heck) und 9 (Bäckerei Nufer) durch eingerammte Pfähle gesperrt, in die Baumstämme eingelegt werden konnten. Diese Sperre war von Pionieren gebaut worden. Im abgebrannten Haus Nr. 5 wurde die Abschussstelle für die Panzerfaust eingerichtet.

Auch am Anfang der Panoramastraße wurde bei Haus Nummer 7 und 12 eine Panzersperre errichtet, die durch Wagen geschlossen werden sollte.

Schließlich gab es noch eine Panzersperre auf der Schillerhöhe, am Schloßberg 5, die wie die Sperre in der Hauptstraße aus eingerammten Pfählen bestand, un die mit Baumstämmen zu verschließen war. Auch diese Sperre wurde von Wehrmachtsangehörigen gebaut, in diesem Fall von der hier stationierten Kompanie.

Im Hahnenbühl, im Bereich der heutigen Schmider-Kliniken, lag eine Batterie mit 15-cm-Kanonen. Es ist allerdings nicht bekannt, wie lange sie dort lag. Die Kanonen wurden jedenfalls vor dem 21.April abgezogen. Auch die zwischen Schillerhöhe und Engelberg liegende Kompanie der Waffen-SS rückte am 20. April ab. Sie war nach Botnang verlegt worden, kam aber auch dort nicht mehr zum Kampfeinsatz.

Deutscher Rückzug

Als in der Nacht vom 20. Auf den 21. April 1945 französische Artillerie Gerlingen aus Richtung Leonberg und Eltingen zu beschießen begann, waren diese Verbände nicht mehr vor Ort. Der Volkssturm wurde am Abend des 20. April aufgelöst. Etliche Volkssturmangehörige versuchten sich über das Neckartal in Richtung Plochingen und Ulm abzusetzen. Manche von ihnen gerieten in die dortigen Kampfhandlungen der zurückweichenden deutschen Verbände mit den vorrückenden Amerikanern und im Anschluss auch teilweise in Gefangenschaft.

Am Morgen des 21. April rückten auch französische Verbände aus Richtung Markgröningen / Schwieberdingen kommend, auf Weilimdorf und Gerlingen vor. Die noch vorhandene Schwere Flak verschoss ihre Munition, bevor die Stellungen aufgegeben wurden.

Die Verteidigungslinie vor Gerlingen und ihre Straßensperren kamen nicht mehr zum Kampfeinsatz. Am 21. April gegen 18 Uhr erreichten erste französische Patrouillen Gerlingen über die Straßen von Leonberg und Ditzingen kommend. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich keine deutschen Truppen mehr in Gerlingen.