Flakbatterie Sulzgries

Bereits im 1. Weltkrieg waren Maßnahmen zu Schutz der Daimler-Werke ergriffen worden. So wurde 1916 auf dem Werksgelände die Stellung D der Stuttgarter Flugabwehr errichtet und mit zwei Maschinengewehren belegt. 1918 wurde noch mit dem Bau einer Nachtscheinanlage bei Obertürkheim begonnen, die das Fabrikareal imitieren sollte.

Zu Beginn des 2. Weltkriegs wurde auf Esslinger Gemarkung zwischen der Heidestraße und dem Eglisenhof, unmittelbar nordöstlich des heutigen Spielplatzes an der Rüdener- / Heidestraße ein schwere Flakbatterie für 4 Geschütze errichtet. Sie unterstand dem Flakregiment 25, das ab 25.08.1939 mit der ReserveFlakabteilung 251 und 252, sowie der ReserveFlakScheinwerferabteilung 258 für den Flakschutz der Stadt Stuttgart zuständig war.

Die Jahre 1940 – 43

Direkt nach der Kapitulation Frankreichs übernahm am 23.06.1940 das Flakregiment 18 den Schutz der Württembergischen Hauptstadt, der von nun an in der Flakgruppe Stuttgart organisiert war.

Die ReserveFestungs-Flakabteilung 351 besetzte die Stellungen Luginsland, Heumaden und Vaihingen und sehr wahrscheinlich auch Sulzgries. Der erste Kriegseinsatz der Batterie erfolgte bereits beim ersten Luftangriff auf Stuttgart, als in der Nacht vom 24. auf den 25. August 1940 kurz nach Mitternacht 20 britische Bomber die Daimlerwerke in Untertürkheim angriffen. Sie verfehlten Ihr Ziel, und trafen vor allem Gaisburg, wo vier Menschen starben, sowie mehrere Wohngebäude in Untertürkheim.

Am 20. Februar 1941 übernahm das Flakregiment 35 die Führung der Flakgruppe Stuttgart. Die meisten Einheiten der Flakgruppe blieben erhalten. Sulgries gehörte nun zur Flakuntergruppe SÜD (ReserveFlakabteilung 351 (F)).

Am 10.September 1941 meldet das LG VII die Fertigstellung der schweren Stellung Wangen (Wangener Höhe) und den Weiterausbau der schweren Stellung Sulzgries zu einer orstfesten Batterie, also mit fest ausgebauten Geschützbettungen.

Zum 26.11.1941 wurde die Flak in Stuttgart im Flakregiment 75 – Flakgruppe Stuttgart, gegliedert. Die Batterie Sulzgries wurde damit in die Flakuntergruppe Neckartal (Reserveflakabt. 234) übernommen.

Erweiterung und der Einsatz von Flakhelfern

Anfang 1943 standen in der Batterie 6 Kanonen 8,8 cm Flak 18/36 der 3. s/.436. Am 15. Februar 1943 wurden in Esslingen die Jahrgänge 1926 und 1927 der Georgii-Oberschule und der Schelztor-Oberschule zum Dienst als Luftwaffenhelfer eingezogen. Sie hatten Flaksoldaten zu ersetzen, die bis dahin in den Flakbatterien der „Heimatfront“ gedient hatten. Die Mannschaften der Batterie Sulzgres bestanden nun aus knapp 80 Luftwaffenhelfern, 40 Soldaten und einer heterogenen Gruppe von 15-20 Personen, bestehend aus russischen und kroatischen Kriegsgefangenen, sogenannten Hiwis (Hilfswilligen), sowie Freiwilligen aus der Herzegowina.

Für die rund 140 Personen standen in der Batterie 18 Baracken zur Verfügung, darunter 11 Stuben, also Unterkunftsbaracken für Mannschaften. Diese waren um die Geschütze herum angeordnet. Die Kanonen selbst standen in einem Oval rings um die Feldwegkreuzung südöstlich des Elisenhofs. Die Hauptbaracke mit Schreibstube und Küche stand in der Verlängerung der Heidestraße. Zwischen dieser und den Stuben und Geschützen war ein Munitionsbunker errichtet worden. Zur Batterie gehörten zwei 2 cm-Flak 38 gegen Tiefflieger, ein Würzburg-Riese und ein Kommandogerät.

Batteriechef war von 1942 bis Kriegsende der 1913 in Bernsdorf/Sachsen geborene Rudi Bruno Tippmann, der nach seiner Kriegsgefangenschaft in Frankreich nach Esslingen zurückkehrte und dort als Lehrer, später als Rektor der heutigen Schillerschule arbeitete. 1977 wurde er in Pension verabschiedet.

Scheinwerferstellung Hegensberg

Zu Beginn des Krieges war neben der Turnhalle des TV Hegensberg, ca. 2,5 km Luftlinie von der Flakbatterie Sulzgries entfernt, eine Scheinwerfer- und Horchstellung errichtet worden. Der 150 cm-Scheinwerfer hatte eine Reichweite von bis zu 12 km. Die Bedienung bestand aus 6-8 Soldaten. Wahrscheinlich wurde die Stellung bereits in der ersten Kriegshälfte aufgegeben. Die in Sulzgries eingesetzten Flakhelfer konnten sich an eine Verbindung zu dieser Stellung bzw. ihre Aktivität bei Nachtangriffen nicht erinnern.

Das Neckartal zwischen Cannstatt und Oberesslingen war im Zuge der fortschreitenden Industrialisierung zu einem zusammenhängenden Industriegebiet herangewachsen. Dieses Industriegebiet wurde ab April 1943 und verstärkt ab Oktober 1944 von den Alliierten angegriffen. Die Flak im Neckartal stand bei diesen Angriffen an vorderster Front.

Bomben auf RSKN und die Batterie

Obwohl Esslingen im britischen „Bomber-Baedeker“ gelistet und mehrere Esslinger Firmen dort beschrieben waren, war Esslingen nie direktes Ziel alliierter Bomber. Bei den Angriffen insbesondere auf Untertürkheim fielen jedoch auch immer wieder Bomben auf die Neckarstadt. Auf RSKN (Rüdern, Sulzgries, Krummenacker, Neckarhalde) fielen am 05.05.1942, 08.10.1943, 26.11.1943, 21.02.1944 und 02.03.1944 Bomben im Rahmen der Angriffe auf die Stuttgarter Neckarvororte. Am 26. Und 27.11.1943 wurde die Batterie selbst getroffen. 4-6 Blindgänger und Dutzende Brandbomben, sowie Phosphorkanister gingen auf das Gelände der Flak nieder. Es gab einen Schwerverletzten.

Erdkampf zum Kriegsende

Bei den Absetzbewegungen der Wehrmacht aus Stuttgart auf die Schwäbische Alb kurz vor Kriegsende spielte die Batterie Sulzgries eine besondere Rolle. Am Vormittag des 20. April 1945 hatte eine Chefbesprechung bei der Flakgruppe Stuttgart stattgefunden. Es war klar, dass französische Verbände aus Richtung Pforzheim entlang der A8 und über Bietigheim, Asperg, Ludwigsburg auf Stuttgart vorrückten und gleichzeitig amerikanische Verbände über das Remstal auf die Württembergische Hauptstadt vorstießen. Die Batterien Luginsland und Sulzgries sollten den amerikanischen Vormarsch stören, und dadurch dem deutschen Abzug über das Neckartal Zeit verschaffen. Zu diesem Zeitpunkt waren in der Batterie keine Flakhelfer mehr. Ihren Platz hatten rund 100 Volkssturmleute eingenommen.

Am Morgen des 21. April 1945 eröffnete die Batterie das Feuer auf die Straße Heumaden-Ruit, den Ortsausgang Heumadens und die Autobahn 8 Stuttgart-Kirchheim, wo gegnerische Fahrzeuge den zurückweichenden deutschen Truppen nachsetzten.

Um 15 Uhr meldete die Batterie Luginsland nach Sulzgries, dass bei Stetten eine feindliche Batterie in Stellung gehe. Die Batterie Sulzgries feuerte daraufhin in Richtung dieser amerikanischen Batterie. Als Antwort wurde die Batterie Sulzgries gegen 18 h aus Richtung Katharinenlinde unter Artilleriefeuer genommen. Daraufhin befahl Batterieführer Tippmann die Räumung und Vorbereitung zur Sprengung. Der Volkssturm wurde nach Hause geschickt und die Geschütze gesprengt.

Nachkriegszeit

Die Räumung der Überreste zog sich nach dem Krieg zunächst hin. Noch am 26.10.1945 standen die gesprengten Geschütze im Gelände und auch der Rückbau der Stellung hatte noch nicht begonnen. Im Dezember 1945 wird diese als zäh bezeichnet. Offenbar waren die verfügbaren Arbeitskräfte an wichtigeren Stellen eingesetzt. Letztlich wurden die Bauten und Baracken der Stellung vor allem von der Bevölkerung vor Ort beseitigt. Am 06.07.1949 nennt das Tiefbauamt Esslingen in einem Schreiben den Abbruchzeitraum der Batterie von Oktober 1945 bis April 1948. 300 Kubikmeter Betonausbruch, 200 Kubikmeter Altschotter und Grobsteine, sowie 54.000 Backsteine seien gewonnen worden und in Instandsetzung und Reparaturmaßnahmen eingeflossen. Die Batterie Sulzgries wurde vollständig beseitigt. Bis heute wird die Fläche wieder landwirtschaftlich genutzt.